Nein, lass dein Dulden, lass dein Schweigen
auch mich zur frommen Sanftmut neigen,
gequaeltes und doch sanftes Heil!
Die Wut ist selbst schon ihre Strafe,
am Segen deiner stillen Schafe
hat kein ergrimmter Tiger teil. |
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Ja nimm, o Mensch, was Christus hier getan,
zur Richtschnur deiner Regung an,
eh Nachgier, Grimm und Hass in deines Herzens Pforten brechen;
schau, welch ein Mensch ist das!
Man bindet ihn, er laesst geschehn; man fuehrt ihn vor Gericht,
er schweiget dennoch stille; man schlaeg’t, man geisselt ihn und dennoch schilt er nicht;
er muss zum Tode gehen, und gehet sonder Widersprechen;
man heftet ihn ans Kreuzes Stamm
und auch allda er stammt er, wie ein Lamm.
O sanftes Sinn! O guetiger Wille!
Dies traeg’t der Herr, dem so viel Legionen
der starken Himmelshelden frohnen;
dies traegt er ohne Schuld, ja bloss zu derer Segen,
die ihn mit solcher Last belegen,
Was aber spricht, O Mensch, dein Fleisch dazu?
Ein fremder Blick, ein Zug benimmt dir schon die Ruh‘.
Ein Wort, das oftmahls nur der Argwohn boese macht,
hat gleich in dir dem Eifer angesacht.
Geschicht die aber ja im Werke selbst zu viel:
so ist der Rache Brunst erst vollends ohne Ziel.
Wie schoen heisst dies nach Christi Bilde leben?
Wie schoen den Schuldigen vergeben?
Wie schoen den Feides gutes tun?
Ach, stehe mir, du Geist des Heilands, bei,
dass ich dem Fleische nicht hierin gehorsam sei!
Es hat ja Gott, in seinem Walten,
nur sich allein die Rache vorbehalten.
Gib, dass ich stets an diese Rache denke,
damit ich selber niemand kraenke!
Gib, dass ich stets an diese Rache denke,
wenn mir von andern Weh geschicht,
damit ich mich nicht selber raeche,
und mit dadurch den Stab des Urteils selber breche. |
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