Number in Telemann Vokal Werke Verzeichnis Catalogue: TVWV 1:1483
Title: Vor des Lichtes Tages Schein
First performance: December 15, 1726
Instrumentation: voice, flute, continuo
Language: German
Movements: 3
Text written by: Matthaeus Arnold Wilckens (1704-1759)
Text published: 1726
Event: 3. Advent / 3rd Sunday in Advent |
Vor des lichten Tages Schein
schliesst ein finstrer Ort uns ein;
doch vor Gottes Blicken nicht.
Ihm, als den kein Raum bezwinget,
der dies ganze Rund durchdringet,
ist das Finstre wie das Licht. |
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O sich’rer Suender, fuerchte dich!
Gott kennt dich inn- und aeusserlich;
ihm bleibt kein Denken nicht verdeckt;
und noch viel weniger dein suendlichs Tun versteckt.
Der meisten ganz verkehrte Sinn sorgt, ehe sie was schaendliches begehen, nur bloss,
obs auch die Menschen sehen: Gott sieht allezeit,
da doch der wenigste sein heiligs Dasein scheut.
Wie mancher ist, der gar im Herzen spricht:
der Hoechste merkt und achtest nicht.
Doch gehe nur in deinem Frevel hin, die kuenftge Strafe laesst dich schon dereinst empfinden,
Gott sei so wohl ein Zeug‘, als Raecher, deiner Suenden.
Erwaegst du nun, dass nichts von dir geschicht, das nicht der grosse Richter steht,
so hast du g’nug an dich zu denken,
und darfst nicht erst dein Aug‘ und andrer Fehler lenken;
es triegt zu dem in vielem Sachen:
aus blossen Schatten willst nicht selten Flecken machen:
es haelt den hoechsten Stern fuer ein geringes Licht;
was loeblichs kann ihm straeflich scheinen;
kurz: Gott sieht oftmals selber nicht,
was Menschen doch zusehen meinen. |
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Bist du selbst nicht engelrein,
ach, so wirf den ersten Stein,
ja nicht nach, des Naechsten Stirne!
Bitte Gottes Huld vielmehr,
dass sein Eifer nicht zu sehr
ueber deine Suenden zuerne. |
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